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Bauphysik

Ressourceneffizient und kreislaufgerecht bauen

Freitag, 29.07.2022

Vorzeigeprojekt „The Cradle“

Aktuell gilt „The Cradle“ im Düsseldorfer Medienhafen als zukunftsweisendes Projekt dieser Art. Die Fertigstellung wird für Ende 2022 erwartet. Der Entwurf stammt von HPP Architekten, als Projektentwickler fungiert Interboden. Beide Unternehmen sind ebenfalls im ABE vernetzt. Das Bürogebäude wird in Holzhybridbauweise errichtet.

Die rautenförmige Holzfassade dient als Tragwerk und Schattenspender. Holzelemente und Steckverbindungen aus Hartholz ersetzen weitgehend Materialien wie Beton und Kunststoff bzw. übliche Verbundwerkstoffe. Durch Anbindung an die „Madaster“-Plattform, ein globales Online-Kataster für Materialien und Bauprodukte, lässt sich „The Cradle“ als werthaltiges Rohstoffdepot abbilden und sein Restwert jederzeit ermitteln. Die zirkuläre Bauweise er-öffnet auf diese Weise eine ganz neue Ebene der Wirtschaftlichkeit und vor dem Hintergrund stark steigender Rohstoffpreise ergeben sich Potentiale einer positiven Wertentwicklung. „Wir beschäftigen uns derzeit damit, wie wir das Mindset des »Circular Thinkings« bei uns im Büro in alle Projekte einbringen können“, so Antonino Vultaggio, HPP-Gesellschafter.

Das Bild zeigt ein Modell.
Quelle: bloomimages
Das korrespondierende BIM-Modell des Gebäudes „The Cradle“.

„C2C“ trifft auf BIM

HPP Architekten wurde für seinen Entwurf bereits mehrfach ausgezeichnet. „»The Cradle« ist eines der ersten »Cradle-to-Cradle«-Projekte, bei dem der »Material Passport« mit dem BIM-Modell verknüpft ist und somit sämtliche Daten für einen späteren Rückbau digital zur Verfügung stehen. Dies ermöglicht eine Bewertung hinsichtlich ökologischer Folgewirkungen wie Gesundheitsklasse, Dekonstruktionseinstufung und Rezyklierbarkeit“, erläutert Gerhard G. Feldmeyer, Geschäftsführender Gesellschafter der HPP Architekten GmbH. Digitalisierung und Nachhaltigkeit können also in der Bau- und Immobilienwirtschaft effektiv zusammenwirken. Generell könnte ressourcensparendes Bauen durch die Verknüpfung mit digitalen Tools und Methoden, wie Building Information Modeling (BIM), einen großen Schub erleben. Der digitale Zwilling im 3D-BIM-Modell bildet den gesamten Lebenszyklus ab – von der Entstehung über die Bewirtschaftung bis zum Abriss.

„Faktor X“: Wie viele Ressourcen beansprucht ein Gebäude?

Auch die Methode „Faktor X“ ist vor dem Hintergrund der drei großen Herausforderungen Klima-, Rohstoff- und Energiewende einzuordnen. „»Faktor X« ist ein Bewertungssystem für ökologische Nachhaltigkeit. Es misst anhand von nur drei Kriterien, wie ein Gebäude im Vergleich zu einem Referenzhaus dasteht: CO2-Emission, Verbrauch von nicht erneuerbaren Primärressourcen und Inanspruchnahme von nicht nachwachsenden Rohstoffen“, erläutert Klaus Dosch, Leiter der Faktor X Agentur der Entwicklungsgesellschaft indeland.

Eine absolute Skala, der „Ressource Score“, nimmt die Funktion eines Vergleichshauses ein und ermöglicht so auch überörtliche Vergleiche. Gemessen wird über einen 50-jährigen Gebäude-Lebenszyklus. „Faktor X“ erweitert folglich die Energieeffizienz um den Klimaschutz und den Schutz der größtenteils endlichen Ressourcen. Praktisch bedeutet dies zum Beispiel, dass regionale, nachwachsende und/oder recycelte Baustoffe eingesetzt werden und besonders langlebig und wartungsfreundlich konstruiert wird.

Dahinter steht das Ziel, die Ressourceneffizienz eines Bauwerks um einen „Faktor X“ zu erhöhen: Faktor 2 würde den Ressourcenverbrauch gegenüber dem Vergleichsgebäude halbieren, Faktor 4 auf ein Viertel verringern. Anders ausgedrückt, würde die Ressourceneffizienz verdoppelt bzw. vervierfacht. „Faktor X“-Leitlinien, unter anderem zur Gebäudelage, Bauweise und Planung der Beleuchtung, unterstützen dabei, ein konkretes Bauvorhaben möglichst ressourceneffizient umzusetzen.

Gemeinsam mit der Faktor X Agentur und dem Institut für Rezykliergerechtes Bauen der RWTH Aachen University baut der ABE derzeit ein Netzwerk für ressourceneffizientes und kreislaufgerechtes Bauen im Rheinischen Revier auf. Im durch den Bund geförderten Projekt „Regionales Netzwerk Ressourceneffizientes Bauen“ (ReNeReB) entsteht unter anderem eine digitale Informationsplattform. Sie erfasst und vermittelt Bauprodukte, Gebäude und Akteure.

Holzbauforschung und Modulbau für mehr Nachhaltigkeit

Seit 2019 baut die FH Aachen das Aachener Zentrum für Holzbauforschung (AZH) in Simmerath (Eifel) auf. Für die anwendungsbezogene Forschung gibt es ein Holzbaulabor, dazugehörige Werkstätten und Klimaräume. Erforscht werden zum Beispiel Laubholzverwendung, holzsparende Bauweisen, Hybrid- und Massivholzbauweisen, Verbindungstechnik, Bauphysik und Dauerhaftigkeit. Die EU und das Land NRW fördern das AZH ebenso wie das FH-Projekt „Flexible Module in Holzbauweise“ (FlexiMoH). Hier entstehen hochwertige Gebäude in modularer Holzbauweise.

Die Module können durch Umrüstung in mehreren Zyklen unterschiedlich und an verschiedenen Standorten genutzt werden. So kann flexibel auf geänderte Herausforderungen reagiert werden. Beispielsweise wird ein Kita-Gebäude im Werk dekonstruiert und für eine Zweitnutzung als Studentenwohnheim umgerüstet. Ein solcher Ansatz trägt so-wohl dem Klimaschutz als auch sich verändernden Bedarfen der Gesellschaft und der Entwicklung neuer Technologien zwischen der Erst- und der Anschlussverwendung Rechnung. Carsten Boell, Geschäftsführer der Interboden Innovative Gewerbewelten, berichtet von einem gestiegenen Interesse an nachhaltigen Immobilien bei Mietern und Investoren. Er ist überzeugt, „dass kreislauffähiges und damit ressourcensparendes Bauen in Verbindung mit einem passenden Nutzungskonzept die Zukunft der Immobilienbranche ist.“

Weiterführende Informationen: https://aachenbuildingexperts.de/

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