Nachhaltigkeit

Nachhaltiges Bauen: Umweltproduktdeklarationen sind der Schlüssel

Mittwoch, 01.07.2020

Ganz entscheidend für die Planung grüner Gebäude sind heute Umweltproduktdeklarationen (EPDs), die sich in nahezu allen Branchen etabliert haben.

Umweltproduktdeklarationen basieren auf einer Ökobilanz und beinhalten umfassende Umweltdaten, die durch unabhängige Gutachter geprüft wurden. Als "Nachhaltigkeitspass" bilden EPDs die Grundlage für die Planung grüner Gebäude gemäß Gebäude-Zertifizierungssystemen wie LEED, BREEAM, HQE oder DGNB.

Nachdem Armacell bereits 2015 als erster Hersteller flexibler technischer Dämmstoffe erstmals Umweltproduktdeklarationen auf der Basis einer unabhängig erhobenen Ökobilanz präsentierte, steht nun eine Aktualisierung der Informationen an. Grundlage ist die neue Norm EN 15804:2020 ("Nachhaltigkeit von Bauwerken – Umweltproduktdeklarationen – Grundregeln für die Produktkategorie Bauprodukte"), die einige Änderungen für EPDs mit sich bringt. Die Module C (Rückbau, Wiederverwendung, Entsorgung) und D (Gutschriften und Belastungen außerhalb der Systemgrenzen), die in der Vorgängernorm EN 15804:2012 noch optional sind, werden nun verpflichtend. Darüber hinaus werden bei der Wirkungsabschätzung überarbeitete Faktoren und teilweise neue Modelle vorgeschrieben.

Die Battersea Power Station von außen.
Quelle: Armacell
Bauprodukte sind nicht "gut" oder "schlecht". Ihre Performance sowohl aus technischer, ästhetischer oder auch ökologischer Sicht ist immer im Gesamtsystem zu betrachten. Der bestimmungsgemäße Einsatz von Bauprodukten im Gebäude, ihre Leistungsfähigkeit, Verarbeitbarkeit und das Langzeitverhalten sind für die Planung, Errichtung und Wartung nachhaltiger Gebäude entscheidend. Im Bild: Für den zweiten Bauabschnitt in der "Battersea Power Station", einem der berühmtesten Gebäude Londons, wurde das BREEAM Green Guide A bewertete "AF/ArmaFlex" ausgeschrieben.

Life Cycle Assessment liefert verlässliche Umweltdaten

Bauprodukte in ihrer Komplexität und Nachhaltigkeitswirkung zu bewerten, erfordert eine Lebenszyklusbetrachtung (Ökobilanz). Nur mittels einer Lebenszyklusanalyse (Life Cycle Assessment, LCA) können alle Einzelaspekte berück-sichtigt werden, die kumuliert oder sequenziell betrachtet eine relative Bewertung des Produkts zulassen. Grundlage für eine Ökobilanz ist die ISO 14044 ("Umweltmanagement – Ökobilanz – Anforderungen und Anleitungen"), die gemeinsam mit der ISO 14040 ("Umweltmanagement – Ökobilanz – Grundsätze und Rahmenbedingungen") den Standard für eine ISO-konforme, allgemein akzeptierte Lebenszyklusanalyse darstellt. Diese Normenreihe gilt produktunabhängig für sämtliche Untersuchungen.

Ein LCA ist im Prinzip nichts anderes als die Bilanzierung und Bewertung der sich bei der Herstellung eines Produktes ergebenden Stoffflüsse und Umweltauswirkungen im Verlauf des Einsatzes und seiner Entsorgung. Ergebnisse einer Ökobilanz sind Datensätze, die die verschiedenen Umwelt(aus)wirkungen beschreiben, wie zum Beispiel globale Erwärmung, Ozonabbau, Versauerung. Die Daten einer Ökobilanz werden nach speziellen Regeln aufgenommen, um dann in Form von Umweltproduktdeklarationen (Environmental Product Declarations, EPDs) strukturiert zur Verfügung gestellt zu werden. In der europäischen Norm EN 15804 werden die Regeln für sogenannte Typ III Umweltdeklarationen beschrieben, die als Basis für Umweltproduktdeklarationen in Europa verwendet werden sollen.

Die Grafik beschreibt die Umweltdeklarationstypen nach ISO-Normen.
Quelle: Armacell
ISO-konforme Ökobilanzen und Typ III Umweltproduktdeklarationen verlangen ein hohes Maß an Transparenz von den Herstellern.

Mit den Festlegungen in der EN 15804 wird gewährleistet, dass vergleichbare ökobilanzierte Informationen zur Umweltwirkung vorgelegt werden. Diese Informationen können beispielsweise den Energieeinsatz, Ressourcenverbrauch oder den Recyclinganteil betreffen. Aussagen zu Umweltauswirkungen wie Überdüngung, Treibhauseffekt oder Smogbildung sowie zu toxischen Wirkungen auf Mensch und Umwelt ergeben sich aus der zugrundeliegenden Ökobilanz und können ebenfalls beschrieben werden. ISO-konforme Ökobilanzen und Typ III Umweltproduktdeklarationen verlangen ein hohes Maß an Transparenz von den Herstellern. Anders als Umweltzeichen, die in der Regel nur das Produkt selbst oder sogar nur eine Eigenschaft des Produkts zertifizieren, oder Umweltbilanzen, die nicht auf diesen Normen basieren und in denen sich Hersteller gern auf die umweltfreundlichen Phasen im Lebenszyklus beschränken und andere ausblenden, bieten Typ III Umweltproduktdeklarationen eine hohe Datensicherheit und erlauben keine Verschiebung von Problemen "ins Ausland" oder in die Zukunft. Sie verlangen einen enormen organisatorischen Aufwand von den Herstellern. Aber nur EPDs, die auf ISO-konformen Ökobilanzen basieren, liefern eine realistische Basis für eine nachhaltige Planung von Gebäuden.

EPDs für Elastomerdämmstoffe

Als erster Hersteller elastomerer Dämmstoffe (FEFs) hat Armacell bereits 2015 eine solch umfassende Ökobilanz erstellt und die Nachhaltigkeit seiner Hauptprodukte einer unabhängigen Bewertung unterzogen. Im März 2014 startete Armacell das komplexe Projekt: Auf der Grundlage der EN 15804 und der ISO 14025 ("Umweltkennzeichnungen und -deklarationen – Typ III Umweltdeklarationen – Grundsätze und Verfahren") und gemäß der Vorgaben des Instituts Bauen und Umwelt e.V. (IBU) wurden alle Stoffströme von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung an den europäischen Standorten ermittelt. Unterstützt wurde Armacell bei der Analyse mehrerer Tausend Datensätze von Thinkstep, dem Marktführer in strategischer Beratung, Softwarelösungen und umfassenden Dienstleistungen im Themenfeld Nachhaltigkeit. Auf dieser Datenbasis konnten schließlich Umweltproduktdeklarationen für die "ArmaFlex"-Premium-Produkte erstellt werden. Diese EPDs beinhalten Angaben zum Lebenszyklus der jeweiligen Produkte, Ökobilanzkennwerte sowie Prüfergebnisse für eine Detailbewertung.

"ArmaFlex"-Produkte sind langlebige Produkte: Ergebnisse zeigen, dass bei korrekter Installation und Verwendung als Referenznutzungsdauer (= Reference Service Life, RSL) durchaus 50 Jahre und mehr angesetzt werden können. Die RSL ist praktisch nur eingeschränkt durch die Lebensdauer der Anlage oder des Gebäudes. Die Dämmleistung wird über die gesamte Lebensdauer kaum beeinflusst. Sie kann allenfalls durch unsachgemäße Handhabung während der Verarbeitung oder der Bauphase beeinträchtigt werden. Die Umweltproduktdeklarationen sind unabhängig verifiziert worden und öffentlich zugänglich. Sie können unter www.armacell.com/epd eingesehen und heruntergeladen werden.

Über das Werkstor hinaus

Stellt man den Energieeinsatz zur Herstellung von "ArmaFlex" der Energieeinsparung während seiner "Einsatzzeit" (= in-use phase) gegenüber, ergibt sich eine überragende Energiebilanz: "ArmaFlex" spart 140 Mal mehr Energie ein, als zu seiner Herstellung benötigt wird (mit einer Nutzungsdauer von 20 Jahren für Kälte-/Klima-Installationen bzw. 30 Jahren für Heizungsapplikationen wurden hier bewusst sehr konservative Annahmen getroffen). Der zur Herstellung von "ArmaFlex" notwendige Energieaufwand hat sich bereits nach nur 50 Tagen amortisiert. Ein ähnliches Verhältnis ergibt sich bei der Betrachtung der CO2-Emissionen: Während seines Einsatzes verhindert "ArmaFlex" den Ausstoß von 150 Mal mehr Treibhausgas-Emissionen, als während seiner Herstellung emittiert werden.

Die Grafik zeigt, wie viel Energie der Dämmstoff
Quelle: Armacell
Der Dämmstoff "ArmaFlex" spart 140 Mal mehr Energie ein, als zu seiner Herstellung benötigt wird.

Dies lässt sich natürlich auch in Kostenvorteilen bzw. Kosteneinsparungen über die gesamte Lebenszeit der Dämmstoffe ausdrücken. Amortisationsberechnungen für typische Anwendungen haben gezeigt, dass die Kosten für die eingesetzte Dämmung bereits nach etwa ein bis zwei Jahren eingespart worden sind.

Bauprodukte sind nicht "gut" oder "schlecht". Ihre Performance sowohl aus technischer, ästhetischer oder auch ökologischer Sicht ist immer im Gesamtsystem zu betrachten. Der bestimmungsgemäße Einsatz von Bauprodukten im Gebäude, ihre Leistungsfähigkeit, Verarbeitbarkeit und das Langzeitverhalten sind für die Planung, Errichtung und Wartung nachhaltiger Gebäude entscheidend.

Fazit

Nachhaltige Gebäude emittieren nicht nur weniger CO2, sie sind auch günstiger zu betreiben und gewinnbringender zu veräußern. Grundlage für die Planung grüner Gebäude sind Umweltproduktdeklarationen (EPDs), die als "Nachhaltigkeitspass" die notwendigen Informationen für die "Green Building"-Programme liefern. Verantwortungsbewusste Hersteller unterstützten den Trend zum nachhaltigen Bauen, indem sie eine bis dato nicht dagewesene Produkttransparenz schaffen.

Das Baugewerbe ist eine der rohstoff- und energieintensivsten Industrien. Der Gebäudesektor ist die größte Einzelquelle des weltweiten Rohstoffeinsatzes und größter Verursacher von Treibhausgasemissionen. Rund 30 Prozent aller Rohstoffe werden für die Errichtung und Instandhaltung von Gebäuden eingesetzt. 30 bis 40 Prozent der Treibhausgase resultieren aus dem Bau, der Nutzung oder der Entsorgung von Gebäuden. In den Industrieländern fließt viel Energie in das Verkehrswesen und die Industrie, doch der größte Teil – rund 40 Prozent (!) des europäischen Energieverbrauchs – entfällt auf den Gebäudesektor. Durch nachhaltiges Bauen könnte die Erdbevölkerung ihren ökologischen Fußabdruck enorm verbessern.

Von Georgios Eleftheriadis
Manager Technical Marketing EMEA Armacell Enterprise GmbH
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