Komfort

Lebenselixier Licht – ein gesunder Arbeitsplatz braucht Tageslicht

Freitag, 20.08.2021

Die künstliche Beleuchtung von Räumen ist als Ergänzungsbeleuchtung in der heutigen Zeit unverzichtbar. Allerdings weist der Fachverband Tageslicht und Rauchschutz e. V. (FVLR) darauf hin, dass die ausreichende Versorgung mit Tageslicht Grundlage jeder Beleuchtungsplanung sein sollte. Denn das Tageslicht bietet Qualitäten, an die kein Leuchtmittel heranreicht. Kurzum: Tageslicht ist gesund.

Foto: Eine konsequente Nutzung von Tageslicht ist für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Mitarbeitern ebenso wie aus energetischen Gründen von Vorteil.
Quelle: FVLR
Eine konsequente Nutzung von Tageslicht für die optimale Innenraumbeleuchtung ist für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Mitarbeitern ebenso wie aus energetischen Gründen von Vorteil.

Der Mensch hat sich in seiner Evolutionsgeschichte an das Tageslicht und seine spektralen Bestandteile bestens angepasst. Das Tageslicht ist wichtiger Taktgeber für alle Körperfunktionen und steuert den Schlaf-Wach-Rhythmus. Alle Bestandteile des Lichts – die sichtbaren, die ultravioletten und die infraroten – haben eine Wirkung auf den Körper. Und in der richtigen Dosis sogar besonders positive Auswirkungen auf die Gesundheit. Natürliches Tageslicht steigert das Wohlbefinden, löst die Bildung des „Sonnenhormons“ Vitamin D aus und aktiviert „Gute-Laune-Hormone“ wie Serotonin und Noradrenalin. Es verbessert den Heilungsprozess vieler Krankheiten und beeinflusst sogar den Wasserhaushalt der Nebennieren. Tageslicht ist damit ein echtes Lebenselixier. So positiv sich eine ausreichende Tageslichtversorgung auf die Gesundheit auswirkt, so negativ kann sich ein Mangel bemerkbar machen. Die Arbeit unter schlechten Lichtverhältnissen macht müde und matt. Kopfschmerzen und Konzentrationsschwächen sind häufig die Folgen. Um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Mitarbeitern zu erhalten, sollte daher schon bei der Planung von Arbeitsstätten an eine ausreichende Tageslichtversorgung gedacht werden.

Foto: Auf Flachdächern können Dachoberlichter in den unterschiedlichsten Varianten für ausreichend Tageslicht sorgen. Entsprechende technische Lösungen gibt es auch für die Nachrüstung.
Quelle: FVLR
Auf Flachdächern können Dachoberlichter in den unterschiedlichsten Varianten – etwa als Lichtkuppel, Flachdachfenster oder Lichtband – für ausreichend Tageslicht sorgen. Entsprechende technische Lösungen gibt es auch für die Nachrüstung.

Tageslichtöffnungen durch Dachoberlichter

Flachdächer – etwa bei Industriebauten – lassen sich leicht mit Dachoberlichtern wie Lichtkuppeln, Flachdachfenstern oder Lichtbändern ausstatten, die für ausreichend Tageslicht sorgen. Sowohl für den Neubau als auch zur Nachrüstung stehen technische Lösungen in den unterschiedlichsten Varianten zur Verfügung.

Dachoberlichter sind zudem für die tägliche natürliche Be- und Entlüftung und als Rauchabzüge gut geeignet, da sie einfach ins Brandschutzkonzept des Gebäudes integriert werden können. Je nach Gebäudestruktur lässt sich im Rahmen der Be- und Entlüftung mit geringem Aufwand durch eine entsprechende Steuerung auch eine zusätzliche Nachtauskühlung realisieren, die zur Reduzierung der Innentemperatur beiträgt.

Für die erforderlichen Tageslichtöffnungen in der Dachfläche zur optimalen Erfüllung von reinen Sehaufgaben gelten folgende Flächenanteile als Richtwerte:

▪ 1/10 der Grundfläche z. B für Verkehrsflächen

▪ 1/7 der Grundfläche z. B. für Kantinen und Waschräume

▪ 1/6 der Grundfläche z. B. für grobe Produktionsarbeiten

▪ 1/5 der Grundfläche z. B. für feine Produktionsarbeiten.

Möglichst kleine und gleichmäßig auf der Dachfläche verteilte Dachöffnungen bieten sich auf diesen Flächen besonders an, um eine ebenso gleichmäßige Beleuchtung zu erreichen. Dabei sollte gemäß DIN 5034-6 (Tageslicht in Innenräumen – Teil 6: Vereinfachte Bestimmung zweckmäßiger Abmessungen von Oberlichtöffnungen in Dachflächen) der Mittenabstand (a) zwischen den einzelnen Oberlichtern höchstens so groß sein wie der Abstand zum Boden (h). Hiermit kann eine möglichst gleichmäßige Beleuchtungsstärke auf der Nutzebene erreicht werden (siehe Abbildung 3). Zu große Dachöffnungen steigern hingegen das Risiko von erhöhten Blendungen und Leuchtdichten (siehe Abbildung 4).

Grafik: Gleichmäßige Beleuchtung durch möglichst kleine, regelmäßig auf der Dachfläche verteilte Dachöffnungen.
Quelle: FVLR
Eine gleichmäßige Beleuchtung lässt sich durch möglichst kleine und regelmäßig auf der Dachfläche verteilte Dachöffnungen realisieren.
Grafik: Große Dachöffnungen steigern das Risiko von erhöhten Blendungen und Leuchtdichten.
Quelle: FVLR
Zu große Dachöffnungen steigern das Risiko von erhöhten Blendungen und Leuchtdichten.

Energetische Bewertung

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) enthält umfassende Vorgaben zur Einsparung von Energie. Dabei gilt es, auch die Beleuchtung zu berücksichtigen. Hier können durch die Nutzung von Tageslicht bis zu 75 Prozent der Energiekosten eingespart werden. Eine Bewertung der Beleuchtung, des Tages- und Kunstlichtes, ist beispielsweise nach der DIN V 18599 Teil 4 (Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung – Teil 4: Nutz- und Endenergiebedarf für Beleuchtung) möglich.

Ein weiteres Kriterium bei der energetischen Bewertung eines Gebäudes ist der sommerliche Wärmeschutz. Hierfür gibt es einige Anforderungen, die eingehalten werden müssen. So kommen Maßnahmen zur Einhaltung des sommerlichen Wärmeschutzes zum Einsatz, auch wenn das Risiko der Missachtung häufig nur an wenigen Tagen im Jahr besteht. Dauerhafte Lösungen wie Sonnenschutzverglasung oder Verringerung der Tageslichtfläche haben allerdings den Nachteil, dass sich die Tageslichtversorgung ebenfalls dauerhaft reduziert. Das fehlende Tageslicht muss dann durch künstliche Beleuchtung kompensiert werden, was wiederum mit zusätzlichem Energieaufwand verbunden ist.

5.000 Lux als Auslegungsgrundlage

Eine Alternative zum Sonnenschutzglas bietet eine temporäre, steuerbare Verschattung. Das Risiko überhöhter Temperaturen kann so minimiert werden, ohne die Tageslichtversorgung dauerhaft zu verringern. Normen zur Auslegung von Tageslichtöffnungen, wie die DIN 5034 oder DIN EN 17037 (Tageslicht in Gebäuden), gehen von einem Minimum an Tageslichtbeleuchtungsstärke aus, die im Jahresverlauf möglichst durchgängig zur Verfügung steht.

Die DIN 5034 nennt beispielsweise 5.000 Lux als Grundlage. Diese Beleuchtungsstärke steht folglich an ca. 80 Prozent aller Tage im Jahr zur Verfügung. An kritischen Sommertagen, an denen die Gefahr besteht, dass der sommerliche Wärmeschutz nicht eingehalten werden kann, liegt die Beleuchtungsstärke um ein Vielfaches höher.

Hier kann bei einer aktivierten Verschattung auch die erforderliche Beleuchtungsstärke erreicht werden, ohne dass eine zusätzliche künstliche Beleuchtung zum Einsatz kommen muss, wie etwa bei einer Sonnenschutzverglasung.

Foto: Ulrich Koch, Geschäftsführer des FVLR.
Quelle: FVLR
Ulrich Koch, Geschäftsführer des Fachverbands Tageslicht und Rauchschutz e.V. (FVLR).

Mit- statt gegeneinander – Tageslichtoptimierte Architektur im Einklang mit technischen Anforderungen

Fünf Fragen an Ulrich Koch, Geschäftsführer des Fachverbands Tageslicht und Rauchschutz e.V. (FVLR)

Herr Koch, seit Anfang des Jahres sind Sie Geschäftsführer des FVLR. Welche Themen standen in den „ersten 100 Tagen“ Ihrer Amtszeit auf dem Programm?

Andere als ursprünglich geplant. Coronabedingt rückten die Umgewöhnung auf die Homeoffice-Situation, die Normungsarbeit auf Abstand und viele andere strukturelle Veränderungen in den Vordergrund. Der FVLR war für das mobile Arbeiten zum Glück schon gewappnet und durch die vorangegangenen Monate unter Corona-Bedingungen gut eingespielt. Aber auch in Themenkomplexen wie beispielsweise der Tageslichtversorgung oder der Arbeitssicherheit auf dem Dach kamen durch Corona andere Schwerpunkte für uns zum Vorschein.

Vor Ihrer Tätigkeit beim FVLR waren Sie beruflich beim Unternehmen Essmann Gebäudetechnik (seit 2016 Teil der Kingspan Gruppe) aktiv. Bedeutet also: Mit den Themen „Licht und Luft“ beschäftigen Sie sich seit mittlerweile 40 Jahren. Welche maßgeblichen Impulse haben diese beiden „Welten“ im Rückblick erfahren?

Ich kann es auch kaum glauben, dass ich mich schon mehr als die Hälfte meines Lebens mit diesen Themen beschäftige. Eine der wichtigsten Veränderungen findet sich sicherlich im Bereich der Planung von Rauchabzugsanlagen. Konzepte und die Ausführungsplanung für Entrauchungsanlagen wurden „damals“ in Abstimmung mit der Feuerwehr und häufig mithilfe eines Gutachters durch den Anlagenhersteller oder -errichter erstellt. Sie waren dann Bestandteil der Baugenehmigung und wurden meist auch dementsprechend ausgeführt. Heutzutage ist vieles durch Normen, Richtlinien oder gesetzliche Vorgaben geregelt. Zudem liegen für die meisten Bauvorhaben Brandschutzkonzepte vor. Die Erfahrung zeigt, dass in der heutigen Zeit trotz oder vielleicht gerade bedingt durch die vielen Vorgaben mehr Fragen bei der Ausführung entstehen und ungeklärt bleiben als noch zu früheren Zeiten.

Apropos „Entwicklung“: Im Zuge der Digitalisierung des Planens, Bauens und Betreibens von Gebäuden aller Art stehen massive Umwälzungen direkt vor der Tür. Wie positionieren Sie sich in diesem Kontext?

Sie meinen sicherlich die Möglichkeiten, die sich durch BIM als grundsätzliche Planungsmethode ergeben. Wenn BIM nicht nur als grafisches 3D-Modell verstanden wird, sondern auch die dazugehörigen Daten, deren Bereitstellung und auch die Verarbeitung konsequent weitergedacht und umgesetzt werden, sehe ich in BIM eine Vielzahl von positiven Möglichkeiten – insbesondere für die kleinen und mittleren Unternehmen. Man sollte aber auch den Weg dahin nicht unterschätzen. Der Fachplaner wird noch lange auch gewerkeübergreifend eine hohe Verantwortung tragen. Denn selbst wenn eine Vielzahl von technischen Regeln und Vorschriften vorliegt und sie einzeln betrachtet werden, lässt sich das Zusammenspiel der einzelnen Anforderungen nicht grundsätzlich abbilden – auch wenn sie digitalisiert schon in einem BIM-Modell zu sehen sind.

Building Information Modeling (BIM) ist, nach wie vor, ein wichtiges Schlagwort in den Diskussionen rund um die Digitalisierung der Branche. Welche Arbeit leistet der FVLR hier, beziehungsweise welche Strategie wird verfolgt?

Wir unterstützen unsere Mitglieder, soweit sie es wünschen. Zudem präsentieren wir beispielsweise Ziele wie eine gemeinsame Datenstruktur. Wir haben einen eigenen Arbeitskreis BIM, der bereits eine entsprechende Struktur erarbeitet hat. Derzeit sind wir in der Abstimmung, wie wir die Daten als Verband, und auch durch die einzelnen Mitgliedsunternehmen, bereitstellen können.

Zum Schluss: Die Schnittstellen zwischen Architektur, Bauwerk, Gebäudetechnik und Nutzer vernünftig auszudefinieren, ist eine Kernforderung der „Integralen Planung“. Inwieweit sehen Sie diesen Ansatz in der „Realität am Bau“ schon umgesetzt?

An dieser Stelle gibt es noch erhebliches Potential. Gute Ansätze zeigen sich aber schon bei einigen Generalunternehmern und auch Herstellern. Diese beschränken sich nicht nur auf die Erstellung eines Gebäudes, sondern fokussieren auch den Betrieb, die Nutzung und den Rückbau der Gebäude. Langfristig etabliert sich die konsequente und erfolgreiche Umsetzung als klarer Wettbewerbsvorteil.

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