TGA

Integrales Projektmanagement mit Mehrwert

Mittwoch, 14.08.2019

Wie die "Neue Börse" in Zürich dank integralem Projektmanagement zum modernen Open Space Office wurde.

Die Lindner Group ist eines der wenigen Bauunternehmen, die Leistungen und Produkte für nahezu alle Gewerke im Innenausbau "aus einer Hand" anbieten. Hier treffen verschiedene Kompetenzen, angefangen von der Entwicklung, Fertigung und Produktion von Standardsystemen und Sonderlösungen über Planung bis hin zu Bauabwicklung und Projektmanagement für Bauvorhaben aller Art bei einem Anbieter zusammen. Wie dies in der Praxis funktioniert, zeigt das Beispiel der Bestandssanierung der "Neuen Börse" in Zürich.

Atrium der
Quelle: EF Education First
Nach der Bestandssanierung der "Neuen Börse" in Zürich dient das Gebäude als eine der zentralen Niederlassungen des Bildungs- und Sprachreiseanbieters EF Education First.

Die "Neue Börse" befindet sich im Herzen von Zürich, direkt an der Sihl gelegen mit Blick auf den Fluss, den Schanzengraben und den Alten Botanischen Garten. 1992 als Hauptsitz der Börse SIX Swiss Exchange eröffnet, ist das von Suter + Suter geplante Gebäude auch aufgrund des markanten Eingangsportals immer noch als "Neue Börse" in Zürich geläufig. Neben der Börse waren und sind hier unter anderem auch das Statthalteramt, der Bezirksrat und die Bezirksratskanzlei sowie Teile der Staatsanwaltschaft untergebracht. Seit dem Jahr 2000 gehörte das Gebäude der Schweizer Pensionskasse BVK. 2015 entschied sich der Bildungs- und Sprachreiseanbieter EF Education First, den Komplex zu übernehmen. Mit dem Besitzerwechsel ging eine grundlegende Bestandssanierung und Umstrukturierung des Gebäudes einher. Ende Juni verließ die Börse endgültig den Standort an der Selnaustraße. Zum Jahreswechsel 2018/2019 konnten nahezu alle der fast 1.000 Mitarbeiter das neue Open Space Office beziehen. Diese werden seither als Hauptsitz für die Produktfamilie "Learn a Language Abroad" und als eine der zentralen Niederlassungen des weltweit agierenden Unternehmens genutzt.

Atrium als zentrales Element

Novum ist das zweigeschossige, rund 80 Meter lange Atrium, das den vormaligen Börsenring als "Marktplatz" ersetzt. Vorweg befindet sich ein großzügiger Eingangsbereich mit rundem Lichthof, der sowohl durch Sicherheitsschranken als auch durch eine freistehende Wendeltreppe zum restlichen Gebäude abgegrenzt ist. Die schwarzblaue Wendeltreppe aus Vollstahl dient nicht nur als optisches Highlight, sondern ist auch zentraler Zugang zu den einzelnen Geschossen, vom UG bis zum Dachgarten im 2. OG. Wo sich früher das hektische Börsengeschäft abspielte, ist nun der offene Kundenbereich "The Exchange" zu finden. Eine Kaffeebar und verschiedene Sitz-, Arbeits- und Besprechungsmöglichkeiten laden zum Austausch zwischen Kunden und Mitarbeitern ein.

Erhellt wird das Atrium von 18 Dachfenstern, die in die markante, rasterförmige Kassettendecke aus Beton integriert sind. Auch das UG wird dank des kleinen Gartens im vorderen Gebäudebereich und raumhohen Glasfassaden mit ausreichend Tageslicht versorgt. Hier befinden sich sowohl Arbeitsplätze als auch ein Auditorium für ca. 180 Personen. Das 2. OG ist ebenfalls den Mitarbeitenden vorbehalten. Es enthält eine Cafeteria mit angeschlossenem Dachgarten, Platz für rund 250 Personen und bietet einen Ausblick auf den Alten Botanischen Garten. Außerdem stehen den Mitarbeitern ein vollständig ausgestattetes Fitnessstudio, ein Yogaraum, ein Game-Room und eine Kindertagesstätte mit Spielplatz zur Verfügung.

Innenausbau aus einer Hand

Die Lindner Group war mit ihrer Schweizer Niederlassung für nahezu den gesamten Innenausbau inkl. Projektkoordinierung und Montage verantwortlich. Zunächst nur für das Ausbaupaket Kühldecken vorgesehen, kamen sukzessive fast alle weiteren Innenausbaupakete einschließlich der zweigeschossigen Innenfassade aus Glas sowie sämtliche Bodenbelagsarbeiten hinzu. Dabei kamen hauptsächlich kreislauffähige, "Cradle to Cradle" zertifizierte Systeme zum Einsatz, die nicht nur eine nachhaltige und gesündere Umgebung schaffen, sondern auch die nötige Flexibilität für eine wandlungsfähige, revisionierbare Raumgestaltung und zukünftige Nutzungskonzepte ermöglichen. Der Auftrag erstreckte sich insgesamt über vier Etagen und eine Fläche von rund 16.700 m² und wurde innerhalb von nur einem Jahr umgesetzt.

Theke mit Barhockern.
Quelle: Lindner
Für den nahezu gesamten Innenausbau – so etwa unterschiedliche Glastrennwand-, Decken- und Bodensysteme – inkl. Projektkoordinierung und Montage war die Lindner Group verantwortlich.

Transparent und dennoch den hohen Sicherheits- und Brandschutzstandards entsprechend, finden sich in der gesamten "Neuen Börse" eine Vielzahl an Glastrennwänden zur Unterteilung der unterschiedlichen Bereiche. Für die Glasfassade setzte das Bauunternehmen das Glastrennwandsystem "Lindner Life 137" mit der Feuerwiderstandsklasse EI 30 in einer Sonderkonstruktion über zwei Stockwerke ein. Auch Bereiche wie die Aufenthaltsräume der Mitarbeiter sind mit diesem System abgetrennt. Mit bis zu 1,5 x 3,7 m je Element ist dies die bisher größte Brandschutzverglasung, die das Unternehmen in der Schweiz realisiert hat. Diese wurde eigens im Brandtest geprüft und für eine Elementgröße von 1,5 x 4 m erweitert. Den Managementbereich und besonders schalldichte Besprechungsräume sind mit der Ganzglaswand "Lindner Life 622" getrennt, ergänzt durch Schallschutztüren vom Typ "ATB 68" mit umlaufendem Aluminium-Rohrrahmen und zusätzlichen Vorhängen als flexiblen Sichtschutz.

Ein Raum-in-Raum-System in einer offenen Bürofläche.
Quelle: EF Education First
Die offenen Büroflächen werden von Raum-in-Raum-Systemen unterbrochen, die jeweils in Besprechungsraum, Druckerstation und Garderobe dreigeteilt sind.

Zum Rundum-Paket gehört auch eine Vielzahl an Deckensystemen: von Einhängedecken aus Metall vom Typ "LMD-E-200" mit und ohne schallabsorbierende Beschichtung über Sonderdeckenanschlüsse für die massive Stahlbetondecke bis hin zu projektbezogenen Unterzugs-Segeldecken vom Typ "Plafotherm DS 320". Hier entwickelte der Komplettanbieter einen speziellen Abklapp-Mechanismus, um auch in den schlecht zugänglichen Bereichen Revisionsarbeiten ermöglichen zu können. Für eine bessere Akustik wurde zusätzlich Melaminharzschaum zwischen Rohdecke und Deckenelemente eingefügt, Quer-Aussteifungen unterstützen die geforderte Erdbebensicherung.

14 baugleiche Raum-in-Raum-Systeme "Lindner Cube duo" unterbrechen die offenen Büroflächen. Die Systeme sind jeweils dreigeteilt in Besprechungsraum, Druckerstation und Garderobe. Für optischen wie auch funktionellen Komfort im Cube sorgen eine hochwertige Ausstattung mit Wandbekleidungen aus Seekieferfurnier, integrierte Kühldecken, Lüftungs- und Lichtsysteme sowie schalldämmende Bodenbeläge. In allen der vier ausgebauten Stockwerke wurden insgesamt 13.600 m² an Doppelböden sowie Bodenbelägen verbaut. Es kam der revisionierbare "NORTEC" Doppelboden, der Hohlboden "FLOOR and more", zum Teil auch in Schwerlastausführung, sowie ein Hörsaalboden zur Ausführung. Bei den Bodenbelägen wurden verschiedene Varianten an Textilbelägen, Parkett und Linoleum gewählt.

Auch im Außenbereich sind Produkte des Bauunternehmens zu finden. So wurde die Außendecke im gebogenen Zugang sowie im rundführenden Balkon zum Gartenbereich hin mit der Einhängedecke "LMD-E 213" verkleidet. Diese ist für den überdachten Außenbereich für Winddruck- und Windsoglasten bis 100 kg/m² im Standard geeignet. Darüber hinaus fand im Außenbereich des 1. OG die Montage einer Edelstahldecke statt, in der die Fugen des Natursteins der Fassade weitergeführt werden.

Projektoptimierung mit Lean Construction Management

Analog zur Ausschreibung im Sommer 2017 wurde das Bauunternehmen immer stärker in die Projektterminierung eingebunden. Aufgrund der späten Vergabe, teils während der laufenden Planung, konnte kein verlässlicher Terminplan zu einem frühen Projektstadium festgelegt werden. Anfang 2018 zeichnete sich immer deutlicher ab, dass der vom Auftraggeber gesetzte Einzugstermin in Gefahr geriet. Das große Ziel war also, in kürzester Zeit einen Terminplan zu erstellen, welcher das Projekt unter Zustimmung aller beteiligten Unternehmer, u.a. fünf verschiedener TGA-Dienstleister, fristgerecht zum Abschluss bringen würde. Der Komplettanbieter ging daher proaktiv auf den Auftraggeber zu und bot ihm Unterstützung bei der Einführung von Lean Construction Management an. Da dies bereits in einem vorangegangenen Projekt gemeinsam mit dem Projektleiter erfolgreich umgesetzt wurde, kam es hier sehr schnell zur Einigung. Eine Woche später war das Lindner Lean-Team vor Ort und erstellte ein erstes Konzept, welches den Kunden auf Anhieb überzeugte.

Stellwand mit verschiedenen Zetteln.
Quelle: Lindner
Mit Hilfe des Lean Construction Managements konnten die Projektkoordination und -umsetzung optimiert und der zeitliche Terminplan eingehalten werden.

Im ersten Termin wurden mit den verantwortlichen Vorarbeitern die relevanten Taktbereiche festgelegt und erste Entwürfe zu den einzelnen Gewerkezügen erstellt: die Gewerke definiert und mit Farben zugeordnet, die Zuständigkeiten der Unternehmen bzw. einzelner Personen identifiziert, zeitliche Abhängigkeiten identifiziert und mögliche Parallelitäten erarbeitet. In einem weiteren Vor-Ort-Termin fand die Fixierung der Taktbereiche mit Hilfe des "Last-Planner-Systems", also vom letzten nötigen Gewerk bzw. Arbeitsschritt rückwärts geplant, sowie der finalen Gewerkezüge statt. Hierfür wurde das Gebäude unter Berücksichtigung verschiedener Parameter in Teilbereiche aufgeteilt.

Diese Zonen waren von Etage zu Etage wiederum unterschiedlich und mussten somit in der Planungsübersicht deutlich abgegrenzt und in einem separaten Plansatz dargestellt werden. Als gesetzte Parameter galten z.B. die unterschiedlichen Nutzungsbereiche, verschiedene Bodenbeläge oder ein abweichender zeitlicher Abstand. Außerdem wurden die Anzahl der Ressourcen, die Dauer der Aktivitäten und die Verteilung aller Beteiligten exakt festgelegt. Essenzielle Tools dafür waren die sogenannten "Takttafeln" und "Taktkarten" mit automatisierter Datenextraktion.

Grundriss eines Gebäudes.
Quelle: Lindner
Im Rahmen des Integralen Projektmanagements wurde das Gebäude unter Berücksichtigung verschiedener Parameter in Teilbereiche aufgeteilt.

Dies alles erfolgte innerhalb von zwei Wochen. Der von Grund auf neu erstellte Terminplan wurde schließlich Anfang März 2018 ausgerollt und die Lean Construction Methode offiziell per Kick-Off gestartet. Ab diesem Zeitpunkt fanden durch die Bauleitung geführte, tägliche "Regelkommunikationen" zwischen den Vorarbeitern statt. Hier wurde der Maßnahmenkatalog tagesaktuell erstellt und verteilt, der Terminplan gepflegt und auftretende Probleme bzw. Störungen offen und direkt angesprochen. Die anfängliche Skepsis der Vorarbeiter konnte schnell beseitigt werden. Aufgrund der überzeugenden Vorteile – etwa einer besseren Qualitäts- und Kostenkontrolle sowie der Effizienzsteigerung aller Beteiligten – haben sich die Vorarbeiter schlussendlich aktiv in die tägliche Koordination eingebracht. So konnte nicht nur der Einzugstermin gehalten, sondern auch von allen Seiten ein positives Resümee gezogen werden.

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