BIM

Integrale Planung in Zeiten von BIM

Freitag, 19.10.2018

Das Bauen in Deutschland ist anspruchsvoll, geregelt und technologisch innovativ – und einer der größten Wirtschaftsfaktoren unseres Landes. So wird in der Bundesrepublik für das Jahr 2018 ein Umsatzplus im Bauhauptgewerbe von vier Prozent prognostiziert, was einem Gesamtumsatz von 117,2 Mrd. Euro entspricht [1]. Damit bleibt der Bausektor die drittgrößte Wirtschaftskraft in Deutschland [2].

Die Europazentrale von Scott in der Schweiz von außen.
Quelle: Itten+Brechbühl AG, Bern
Die Europazentrale der amerikanischen Sportmarke Scott in der Schweiz ist ein gutes Beispiel dafür, wie der Open BIM-Gedanke mit Leben erfüllt werden kann. Architekten und Fachplaner arbeiteten mit ihren spezifischen Software-Lösungen. Ihre Teilplanungen wurden dann im Gebäudemodell zusammengeführt.

Das klingt sehr gut, hebt diese Entwicklung doch das ohnehin positive Konjunkturbarometer weiter an, sichert Arbeitsplätze in der deutschen Bauindustrie und bietet Investoren, Bauherren und Eigentümern die Option, günstig zu bauen, zu wohnen oder zu vermieten. Denn Finanzieren ist bis auf Weiteres äußerst günstig. Doch ist es zu kurz gegriffen, die mit dieser Entwicklung verbundenen Herausforderungen als simple Randnotiz zu betrachten.

Bauen, unabhängig davon ob Neubau oder Sanierung, wird immer komplexer und teurer. Hierzu tragen nicht nur aufwendige Bauvorschriften und Normen, sondern knappe Bauplätze in attraktiven Stadtlagen und die angespannte Situation im deutschen Handwerk bei: Übervolle Auftragsbücher bei jedem guten Handwerker sind an der Tagesordnung. Die Kosten für Bauleistungen sind 2017 durchschnittlich über vier Prozent gestiegen [1].

Konsequenten BIM-Prozess im Projekt anstreben

Unter diesen Rahmenbedingungen ist es umso wichtiger, dass Planung, Bauausführung und Bauüberwachung möglichst effizient und fehlerfrei verlaufen. Denn jeder bereits im Entwurf ausgeräumte Planungsfehler vereinfacht die Bauphase, verringert das Risiko von Terminverzögerungen im Bauablauf und minimiert ungeplante Folgekosten. Kollaboration, enge Zusammenarbeit im Team und integrale Planung sind wichtige Prozess-Werkzeuge, um ein Projekt erfolgreich zu realisieren.

Virtueller Gebäudeplan.
Quelle: Itten+Brechbühl AG, Bern
Eine virtuelle Gebäudeplanung am Beispiel des Hauptsitzes der Graphisoft, einer Marke der Nemetschek Group. Modelliert mit "ArchiCAD" von Graphisoft.

Der BIM-Prozess, angestoßen durch die digitale Planungsmethode, ermöglicht die reibungslose Zusammenarbeit aller Planungsbeteiligten – wenn die vorgenannten Werkzeuge konsequent eingesetzt werden. In der Theorie ist das lange bekannt, doch setzen sich sowohl BIM als auch die damit möglich werdende integrale Planung zwar stetig, aber langsam durch. Dafür gibt es mehrere Gründe:

  1. Die Durchgängigkeit in der Planung und der konsequente Einsatz von BIM wird noch nicht für jedes Projekt verlangt. Damit verläuft der Planungs- und Bauprozess in vielen Bauvorhaben noch immer konventionell.
  2. In den Büros, die mit BIM arbeiten, wird häufig unter Einsatz von "Little BIM" gearbeitet. Das bedeutet, dass der BIM-gerechte Austausch mit anderen Fachplanern nur eingeschränkt möglich ist.
  3. Die Übergabe der Baueingabeplanung und der Dokumentation an die Baubehörden erfolgt in der Regel mit 2D-Plänen. Technisch gesehen ist das nicht mehr zeitgemäß, rechtlich jedoch erforderlich.
  4. Die Schnittstellen, zu liefernde Inhalte und Zuständigkeiten von Architekt, Fachplanern und Bauunternehmen müssen klar definiert werden. Und zwar in einer sehr frühen Planungsphase. Idealerweise erfolgt dies schon mit der Erarbeitung der Auftraggeber-Informations-Anforderung (AIA) und dem daraus entwickelten BIM-Projektabwicklungsplan (BAP), der Teil des Bauvertrags zwischen Architekt und den Planungsbeteiligten wird.
  5. Die digitalen Arbeits-Werkzeuge, also die Softwarelösungen, die für die BIM-Planung zur Verfügung stehen, sind so breit gefächert wie der Bauprozess selbst. Da sie jedoch essentiell in einer heute digitalen Arbeitsumgebung in den Architektur- und Ingenieurbüros sind, muss besonderes Augenmerk auf sie gelegt werden.

Komplette Bandbreite der Software nutzen

Die integrale Planung, die unter anderem die (möglichst) reibungslose Zusammenarbeit mit verschiedenen Softwarelösungen im Planungsprozess umfasst, erfordert den formatübergreifenden Datenaustausch. Möglich wird dies trotz proprietärer Dateiformate, die jede Lösung für sich beansprucht, über das zentrale IFC-Austauschformat. IFC lässt sich über die Softwarelösungen der Hersteller möglichst oder eventuell auch weitgehend verlustarm von einem Programm zum anderen übertragen. Damit ist ein wichtiger Schritt zur Datenkonsistenz geleistet, die unerlässlich für BIM ist.

Verschiedene Hersteller haben sich in den vergangenen Jahrzehnten im Planungsprozess etabliert und bilden mit ihren spezifischen Produkten einzelne Teilbereiche der Planung ab. In ihrem jeweiligen Nutzungsbereich lassen sie sich perfekt verwenden. Doch ist es vor allem die Anbindung an andere Software, bedingt durch das wirtschaftliche Interesse des einzelnen Herstellers, die eine durchgängig digitale Planungskette immer wieder unterbricht.

Gegensteuern ließe sich hierbei entweder mit einer generalistischen Lösung, die alle erforderlichen Planungsschritte und Arbeitsoptionen umfasst – was allerdings auch in Zukunft unrealistisch ist. Oder aber, eine Unternehmensgruppe stellt den Architekten und Fachplanern verschiedene Speziallösungen zur Verfügung, die aufeinander abgestimmt den Planungsprozess in Summe abbilden. Denn unabhängig davon, womit jeder Beteiligte in seinem Büro arbeitet, wird die Kollaboration gefördert und der Gesamtprozess transparenter.

Diese Strategie ist durchaus praktikabel. Eine dritte Variante ist die Arbeit mit der eigenen BIM-Software, die Informationen mit anderen Programmen via IFC-Schnittstelle austauscht. Um Transparenz und Datenkonsistenz zu wahren, können ergänzende Prozess-Steuerungstools genutzt werden.

Technologische Standards setzen

Einer der größten Entwickler und Anbieter von Bausoftware ist die Nemetschek Group. 15 Marken mit zahlreichen Produkten vereint die Gruppe unter ihrem Namen. Die Nemetschek Group ist ein Unternehmen, das sich seit der Gründung 1963 bis heute eine Vorreiterrolle erarbeitet hat. Ihr erklärtes Ziel: Die Digitalisierung des Planens, Bauens und Betreibens voranzutreiben und hierfür die Standards zu setzen.

Unter dem Dach der Nemetschek Group arbeiten die 15 Unternehmen aus dem AECM-Sektor (AECM = Architecture, Engineering, Construction Management) Hand in Hand. Durch eine Holding-Struktur können die Marken unternehmerisch eigenständig handeln und eng mit weltweit über 2,7 Mio. Kunden zusammenarbeiten. Jeder von ihnen bietet eigene Produkte und maßgeschneiderte Dienstleistungen an und ist damit hoch spezialisiert.

Rund 60 Prozent der Mitarbeiter der Nemetschek Group kommen selbst aus der Baubranche [3]. Sie sind Techniker, Ingenieure oder Architekten und wissen damit, wie sie die Kunden unterstützen können. Das ist wichtig, betrachtet man die Diversität des Gruppen-Portfolios.

Integrale Planung erfordert Koordination und Zusammenarbeit

Der Softwaremarkt bietet eine Fülle von Produktlösungen, oftmals handelt es sich um Insellösungen. Nemetschek bildet dagegen von der Vorentwurfsphase bis zum Gebäudebetrieb alle Projektphasen ab. Die digitale Planungskette lässt sich so bereits heute weitgehend lückenlos realisieren: von der Design- und Entwurfsphase, über die Genehmigungs- und Ausführungsphase, inklusive Bauphase bis hin zur Ausschreibung und Vergabe sowie den Gebäudebetrieb.

Elementarer Bestandteil der integralen Planung ist die übergeordnete Koordination und Kollaboration über die verschiedenen Projektphasen hinweg. Neben den klassischen "Authoring Tools", gibt es eine Vielzahl an Software-Lösungen für das Daten-, Dokument- und Projektmanagement, um die verschiedenen an Planung und Bau beteiligten Mitarbeiter zu vernetzen.

Eine immer wichtigere Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Qualitätskontrolle. Durch dieses wird sichergestellt, dass nur Daten und Modelle mit entsprechend hoher Qualität an den nächsten Projektbeteiligten weitergegeben werden.

Alle Anwendungen nutzen IFC als wesentliches Datenaustauschformat und die eingebundene IFC-Schnittstelle zum schnellen Informationstransfer. Damit kommt dem Format im BIM-Prozess eine zentrale Rolle zu.

Darstellung der IFC-Schnittstelle durch
Quelle: Itten+Brechbühl AG, Bern
Darstellung der IFC-Schnittstelle durch "Allplan", einer Marke der Nemetschek Group.

Darüber hinaus stellen mehrere Hersteller der Nemetschek Group Drittanbietern Programmierschnittstellen zur Verfügung, sogenannte API, mit deren Hilfe eine optimale Anbindung an die jeweilige Basissoftware möglich wird. Nahtloser Datenaustausch und die enge Zusammenarbeit aller am Bau Beteiligten lassen aus der Vision "Digitales Gebäude" Realität werden.

Quellen:

[1] Die Deutsche Bauindustrie, Prognose 2018

[2] Statistisches Bundesamt

[3] Nemetschek Group

Von Tim Westphal
Fachredakteur

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Mittwoch, 24.04.2024

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