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Die richtige Qualität von Heizwasser und die VDI 2035

Mittwoch, 21.09.2016

2005 wurde Teil 1 der VDI 2035 (Steinbildung) novelliert. Später, 2009, wurde Teil 2 (heizungswasserseitige Korrosion) veröffentlicht. Eine Flut an heftigen Diskussionen ging durch die Branche. Dank der Aufklärungsarbeit durch die Fachpresse mit Unterstützung von Industrie und führenden Kesselherstellern führte eine klarere und deutlichere Haltung der letztgenannten dazu, dass der salzarme Betrieb von Heiz- und Kühlkreisläufen in der Branche immer mehr umgesetzt wird.

Kalk als Bestandteil von elektronenmikroskopisch vergrößertem Kesselstein.
Quelle: Elysator
Die Bildung von unlöslichem Kalziumcarbonat (Kalk), hier als Bestandteil von elektronenmikroskopisch vergrößertem Kesselstein, ist in modernen Heizungsanlagen unerwünscht.

In kaum einem anderen Bereich der Haustechnik war der technologische Fortschritt so grundlegend wie in der Wärmeerzeugung.

Die modernen Komponenten bedingen nun aber auch ein qualitativ einwandfreies Umlaufwasser. Denn die kompakt gewordenen Wärmeübertragungsflächen, die zwecks Leistungssteigerung verringerten Wandstärken und die höheren Heizflächenbelastungen verlangen einen salzarmen, alkalischen Betrieb, wie er sich nach einer Befüllung mit demineralisiertem Wasser oder einer Umlaufentsalzung normalerweise automatisch einstellt.

Dahinter steht die gewachsene Erkenntnis, dass durch eine Entsalzung die Mehrheit der für Korrosionen und Ablagerungen verantwortlichen Wasserinhaltsstoffe entfernt und andere günstig beeinflusst werden.

Das Diagramm zeigt, dass mit sinkender elektrischer Leitfähigkeit ein höherer Sauerstoffgehalt im System toleriert werden kann.
Quelle: Elysator
Mit sinkender elektrischer Leitfähigkeit kann ein höherer Sauerstoffgehalt im System toleriert werden. Daher empfiehlt sich der salzarme Betrieb.

Die Demineralisierung (Entsalzung) stellt somit eine einfache aber sehr effektive Schutzmaßnahme dar.

Ein Appell an die Branche!

In der Praxis nichts zu unternehmen, wäre die wohl schlechteste Haltung und würde einem seriös anbietenden Heizungsbetrieb nicht gerecht werden. Während der Endkunde sich darauf verlässt, dass der Fachbetrieb alles Notwendige tut, um eine Heizungsanlage fachlich einwandfrei und betriebs- sowie rechtssicher auszuführen, entsteht oft bereits bei der Einhaltung von Vorgaben zur Aufrechterhaltung der Garantieleistung des gewählten Kesselherstellers eine Lücke. Diese machen es mittlerweile zur Bedingung, das hydraulische Anlagensystem mit salzarmem Wasser zu betreiben. Aus Angst, den Auftrag nicht zu erhalten, unterschlägt der SHK-Betrieb oft diesen wichtigen Punkt und entscheidet somit bereits für seinen Kunden, diese vom Hersteller geforderte wichtige Vorgabe nicht zu erfüllen. Nun – wo kein Kläger, da kein Richter, könnte man denken. Sollte es jedoch zu einem Schadensfall noch während der Garantiezeit kommen, so steht der SHK-Betrieb oft als Verlierer in dieser Sache da – rechtlich, wie moralisch. Es sollte hier zumindest dem Betreiber einer Heizungsanlage die Möglichkeit eingeräumt werden, selbst zu entscheiden, ob er gewillt ist, dieses Risiko einzugehen. Ungeachtet der Tatsache, dass eine Heizungsanlage nicht nur die Garantiezeit überstehen sollte, sondern für viele Jahre korrosionstechnisch stabil und somit zuverlässig laufen muss.

VDI 2035: Nur eine technische Richtlinie?

Die VDI 2035 ist eben nicht nur eine technische Richtlinie. Denn ein wichtiger Aspekt ist hier die Verknüpfung der VDI 2035 („Vermeidung von Schäden in Warmwasser-Heizungsanlagen“) mit der DIN EN 12828 („Heizungsanlagen in Gebäuden – Planung von Warmwasser-Heizungsanlagen“).

Seit April 2013 verweist diese europaweit gültige, rechtsverbindliche Norm unter Punkt 4.3.2.1 „Wasseranforderungen“ auf die VDI 2035. Spätestens hier gilt diese Vorgabe als rechtsverbindlich, wenn der SHK-Betrieb sein Leistungsangebot entsprechend den allgemein gültigen Regelwerken angeboten hat. Vor allem bei öffentlichen Ausschreibungen und bei Großanlagen ist dies oft der Fall. Hier ist also Vorsicht geboten, was der Fachbetrieb in seinem Angebot aufführt. Die VDI 2035 wird somit durch die „Hintertür“ rechtsverbindlich.

Die gemeinsame Basis zählt!

Während bei der Enthärtung nur das gelöste Kalzium und Magnesium (Härtebildner) gegen Natrium (Kochsalz) ausgetauscht werden, werden bei der Vollentsalzung zusätzlich zu den Härtebildnern auch die korrosiven Neutralsalze (Chlorid, Sulfat, Nitrat) sowie Kohlensäure entfernt. Das Endprodukt ist reines Wasser (H2O).

Die Summe dieser gelösten Salze bestimmt auch maßgeblich die elektrische Leifähigkeit (µS/cm), welche hauptsächlich neben gelöstem Sauerstoff und dem pH-Wert für das Korrosions-potential im Füllwasser verantwortlich ist. Mit sinkender elektrischer Leitfähigkeit kann ein höherer Sauerstoffgehalt im System toleriert werden. Daher empfiehlt sich der salzarme Betrieb (< 100 µS/cm).

Die Rolle des pH-Wertes

Die VDI 2035 führt an, dass infolge von Eigenalkalisierung des Betriebswassers in der Regel auf eine Alkalisierung des Füllwassers verzichtet werden kann. Die Eigenalkalisierung ist ein für Heizwasser typischer, automatisch ablaufender chemischer Prozess, welcher Eisenbauteile vor Korrosion schützt aber bei Aluminiumbauteilen unter ungünstigen Bedingungen die Korrosion aktiviert. Der Einsatz von Aluminium in einem Heizsystem bringt Vorteile hinsichtlich der Energieeffizienz, beinhaltet aber ein wasserseitiges Schadensrisiko. Es wäre zwar möglich, durch entsprechende Wasserkonditionierung den pH-Wert entgegen der Eigenalkalisierung zu stabilisieren, das würde aber den Salzgehalt des Wassers erhöhen und auch die Passivierung des Eisens verhindern – bei der Verwendung von Aluminium in Heizsystemen scheinen also Zielkonflikte wahrscheinlich.

Aufgrund des Datenmaterials der Aquitest AG (unabhängiger Dienstleister für Heizungswasseranalysen in der Schweiz) kann nun aber die günstige Aussage bekräftigt werden, dass für den Werterhalt des Aluminiums die elektrische Leitfähigkeit des Wassers von größerer Bedeutung ist als der pH-Wert*. Die zugrunde liegende These lautet, dass die Konzentration der alkalischen Stoffe ausschlaggebend für die Aktivierung des Korrosionsgeschehens ist. So zeigt Abb. 3 die Verteilung von 310 Heizwasseranalysen mit Aluminiumbauteilen auf der pH-Wert-Achse.

Die Diagramm zeigen, dass infolge der Eigenalkalisierung  2/3 aller Wasserproben über pH 8,0 liegen.
Quelle: Elysator
Abb 3: Infolge der Eigenalkalisierung liegen 2/3 aller Wasserproben über pH 8,0. Die Schadenshäufigkeit ist unabhängig vom pH-Wert gleichmäßig verteilt.

Es lässt sich darauf erkennen, dass infolge der Eigenalkalisierung 2/3 aller Wasserproben über pH 8,0 liegen und unabhängig des pH-Wertes die Schadenshäufigkeit gleichmäßig verteilt ist.

Abb. 4 hingegen zeigt die Verteilung derselben Grundmenge nach elektrischer Leitfähigkeit, wobei deutlich wird, dass Anlagen mit Aluminiumbauteilen bei salzhaltiger Betriebsweise ein deutlich höheres Schadensrisiko haben.

Die Diagramme zeigen, dass Anlagen mit Aluminium  bei salzhaltiger Betriebsweise ein deutlich höheres Schadensrisiko besitzen.
Quelle: Elysator
Abb.4: Anlagen mit Aluminium besitzen bei salzhaltiger Betriebsweise ein deutlich höheres Schadensrisiko. Mit dem salzarmen Betrieb kannn trotz der typischen Eigenalkalisierung des Systemwassers die Wertbeständigkeit von Aluminiumbauteilen erhöht werden.

Mit dem salzarmen Betrieb kann also trotz der typischen Eigenalkalisierung des Systemwassers die Wertbeständigkeit von Aluminiumbauteilen deutlich erhöht werden.

Herstellung von salzarmem (demineralisiertem) Füllwasser

Messen und Überwachen heißt die Devise. Einfache, praxistaugliche Produkte ermöglichen mittlerweile für nahezu jede Anlagengröße, vor Ort das Trinkwasser während des Füllvorganges zu entsalzen. Entweder mittels Einwegpatronen oder leistungsstarken mobilen Füllapparaten mit Überwachungsmesszählern – von 500 Liter/Stunde bis 1.500 Liter/Stunde. Entscheidend für den Anwender sollte hier die Überwachungsmöglichkeit am Ausgang der Fülleinheit sein. Somit kann er auf der einen Seite klar dokumentieren, welche elektrische Leitfähigkeit in das System eingefüllt wurde, auf der anderen, wann die Kapazität der Füllapparate oder der Einwegpatronen erschöpft ist.

Messbarkeit der Leitfähigkeit

Von allen Parametern, welche die VDI 2035 für Systemwasser als Messwerte festlegt, ist die elektrische Leitfähigkeit in der Praxis am einfachsten zu prüfen und zu überwachen. Jeder Unternehmer kann mit Hilfe eines handelsüblichen Messgerätes den elektrischen Leitwert von Wasser in Sekunden bestimmen, ohne dass es dazu besondere Reagenzien und Fachkenntnisse braucht.

Da die elektrische Leitfähigkeit aber auch ein Summenparameter ist, d. h., verschiedene andere Messwerte wie die Härte gelöstes Eisen in sich abbildet, eignet sie sich somit in idealer Weise für eine erste Beurteilung der Lage vor Ort. Die Entwicklung geht dahin, dass in Zukunft jede wasserführende Gebäudetechnik-Anlage eine permanente Überwachungseinrichtung enthält, wie dies heute für Druck und Temperatur selbstverständlich ist.

Die Inline-Leitfähigkeitsmessung
Quelle: Elysator
Von allen Parametern, welche die VDI 2035 für Systemwasser als Messwerte festlegt, ist die elektrische Leitfähigkeit in der Praxis am einfachsten zu prüfen und zu überwachen. Z.B. mit der hier abgebildeten Inline-Leitfähigkeitsmessung "Purotap i-control"...

Der
Quelle: Elysator
...der "Purotap"-Messzähler für Einwegfüllpatronen.

## Zusammenfassung

Wurde das Füllwasser nur enthärtet, so bleibt die elektrische Leitfähigkeit dauerhaft hoch (entsprechend der Rohwasserhärte), ein natürliches einmaliges Ausfallen der Härtebildner wurde durch das Austauschen mit dem deutlich leichter löslichen Natrium verhindert. Aus Sicht der Belagsbildung an Wärmeübertragern zwar wünschenswert, aus korrosionstechnischer Sicht und für Teil 2 der VDI 2035 jedoch deutlich nachteiliger, als hätte man gar nicht aufbereitet. Der Arbeitsaufwand zur Vollentsalzung ist aufgrund praxistauglicher Produkte heute gering.

Von Tino Sarro
Vertriebsleiter OEM, Elysator Engineering GmbH
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Dienstag, 30.11.-1
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