BIM

BIM-Projekte erfolgreich managen

Mittwoch, 26.08.2020

Aller Anfang ist schwer, heißt es, und so ist auch der Einstieg in BIM nicht ganz einfach – dennoch lohnt sich die Einführung der Methode enorm.

So zeigen sich Kruse Architekten aus Kiel überzeugt, dass BIM selbst von kleinen Büros zu meistern ist. Tragwerksplaner Walter Muck, Gründer und Alleininhaber von MuckIngenieure aus Ingolstadt, berichtet, wie er die Produktivität seines Planungsbüros mit BIM um 35 Prozent steigern konnte. Die Erfahrungen beider Planer sind eine wertvolle Informationsgrundlage für alle, die sich der Herausforderung stellen, Building Information Modeling wertschöpfend in Bauprojekten aller Art zu nutzen.

Wer bereits mit Building Information Modeling (BIM) arbeitet, möchte nicht mehr zurück zur 2D-basierten Arbeitsweise. Zu groß sind die Vorteile und Erleichterungen durch die digitale Arbeitsmethode. Dennoch tun sich viele Firmen, nach wie vor, mit der Implementierung von BIM schwer.

Der Grund dafür sind grundlegende Veränderungen: openBIM, also die volle Implementierung von BIM, beschränkt sich nicht auf das Arbeiten mit einem 3D-Modell, sondern bedeutet eine Festlegung von Prozessen, Strukturen, Informationen und Zielen. BIM heißt, Dinge neu zu erkennen, neu zu interpretieren und neu umzusetzen. Diese Veränderungen sind jedoch selbst für kleine Büros möglich und äußerst lohnend.

Auftakt mit BIM-Hotelprojekt in Travemünde

Rendering eines Hotels.
Quelle: PlanetHaus AG
Rendering des neuen Hotels und Tagungscenters in Travemünde.

So zum Beispiel für Kruse Architekten aus Kiel, die sich schon frühzeitig der Anwendung von BIM und dessen Integration in den Planungsalltag verschrieben haben. Das Büro ist Gründungsmitglied des 2014 gegründeten "BIM Cluster Kiel", einem Zusammenschluss aus lokalen Planungsbüros und Bauunternehmen. Ein erstes BIM-Projekt startete das kleine Büro mit der Genehmigungs- und Ausführungsplanung für ein Hotel und Tagungscenter in Travemünde. Totalübernehmer war die Bauunternehmung Heinrich Karstens. Der 6.500 m² (BGF) große Neubau umfasst 110 Zimmer und Suiten, flexibel nutzbare Tagungsräume sowie Gewerbeeinheiten, wie Kamin-Lounge, Tapas-Bar, Bäckerei, Day Spa und Wein-Bar. Keine geringe planerische Herausforderung – und eine gute Gelegenheit, die verschiedenen Software-Lösungen im Sinne von openBIM auf "Herz und Nieren" zu testen.

Die Architekten selbst sowie die Tragwerksplaner verwendeten Lösungen von Allplan, TGA-Fachplaner (HLSE), Innenarchitekt und Stahlbau jeweils verschiedene Programme anderer Hersteller. Als Prüfsoftware kam der "Solibri Model Checker" zum Einsatz. Um den Datenaustausch im Vorfeld zu testen, wurden zunächst kleine Probeelemente wie Wände, Decken, Stützen und Fundamente sowie ein auf dem absoluten Nullpunkt (x, y, z = 0) gelegener Übergabewürfel als IFC 2x3 und IFC 4x0 erstellt. Überraschenderweise zeigte sich, dass nicht jede Software die Modelle im neueren IFC 4x0 sauber verarbeiten konnte, weshalb IFC 2x3 als verbindlicher Standard für das Projekt definiert wurde. Seither spielen Kruse Architekten dieses Prozedere bei jedem neuen Projekt mit den anderen Fachplanern durch.

IFC-Detailschnitt des Hotels.
Quelle: Michael Fiedler/Kruse Architekten
IFC-Detailschnitt des Hotels.

IFC-Gesamtprojekt des Hotels.
Quelle: Michael Fiedler/Kruse Architekten
IFC-Gesamtprojekt des Hotels.

Gewohnte Prozesse verändern sich

Jede Fachdisziplin trägt die Verantwortung für ein qualitativ sauber modelliertes 3D-Fachmodell. Um jedoch 3D-Modelle sowohl eigenständig als auch miteinander prüfen zu können, braucht es eine spezielle Prüfsoftware – hier, wie schon erwähnt, der "Solibri Model Checker". Hierbei wurde bald klar, dass es gewohnte Projektprozesse zu verändern galt. "Mitarbeiter mussten in der hauseigenen Software 3D-fähig gemacht, Verantwortlichkeiten für die hausinterne Qualitätssicherung benannt, neue Anwendungen erworben, verstanden und durchgehend angewandt und die daraus resultierenden Umstellungen von der Geschäftsleitung gewollt und gelebt werden", betont Michael Fiedler, Architekt und zertifizierter BIM-Modeler bei Kruse Architekten.

In der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Beteiligten zeigte sich wiederum, dass nicht jeder Planer Zugriff auf sämtliche Modelldaten benötigt. So reicht es etwa für die Tragwerksplanung, wenn nur die tragenden Teile aus dem Architekturmodell im IFC-Format übertragen werden. Ähnliches gilt für die TGA-Planung, die sinnvollerweise der Disziplin nach in einzelne Fachmodelle getrennt werden sollte, welche dann mit den Modellen aus Architektur und Tragwerksplanung regelbasiert geprüft werden.

Die regelbasierte Prüfung der 3D-Fachmodelle führte, laut Michael Fiedler, zu einer deutlichen Effizienzsteigerung. Durch den Einsatz von BCF-Dateien (BIM Collaboration Format) und die im Vorfeld festgelegten, zwingend verbindlichen, regelmäßigen Termine zur Überprüfung der jeweiligen IFC-Fachmodelle wurde eine klare Qualitätssteigerung der Planung erreicht. Mit dieser Methode wurden frühzeitig und somit kostengünstig Hindernisse im Projekt erkannt und ausgeräumt. Alle Fachplaner sind dementsprechend auf einem Wissensstand und der Verlust von Informationen wird wesentlich geringer.

Tragwerksplanung 4.0 und erste BIM-Erfahrungen mit Verwaltungsgebäude

Das 1996 gegründete Ingenieurbüro MuckIngenieure hat sich von Beginn an dem Einsatz von modernen Technologien in der Tragwerksplanung verschrieben und setzte bereits 1997 auf die vollständige 3D-Planung. Da die Technologie jedoch noch nicht ausgereift war, musste die Arbeitsweise schon bald wieder eingestellt werden. Trotzdem war der Grundstein gelegt und der Glaube an das Potential geweckt.

Der erneute Startschuss für eine durchgängige 3D-Planung fiel mit dem Auftrag zum Neubau eines Verwaltungsgebäudes von E.ON in Zolling bei München. Das Gebäude hatte eine äußerst komplexe Geometrie mit einer entsprechend komplizierten Tragwerkskonstruktion: eine schräg verlaufende Gebäudekontur, geneigte Wände, Split-Level sowie gekrümmte Deckenuntersichten. Eine widerspruchsfreie Darstellung dieser Gebäudegeometrie war nur mit einem digitalen 3D-Modell möglich. Gleichzeitig konnten mit diesem 3D-Modell wichtige Bewehrungsdetails räumlich dargestellt und damit die Tragwerksplanung erheblich erleichtert werden. Seitdem wird bei den Ingolstädter Ingenieuren jedes Projekt an einem digitalen 3D-Modell bearbeitet – unabhängig von der Größe.

Das E.ON-Kraftwerk in Zolling bei München mit dem neuen Verwaltungsgebäude.
Quelle: Henning Koepke; Architekt: Boesel Benkert Hohberg Architekten; Tragwerksplaner: MuckIngenieure
Das E.ON-Kraftwerk in Zolling bei München mit dem neuen Verwaltungsgebäude.

Flur und Treppenhaus in einem Gebäude.
Quelle: Henning Koepke; Architekt: Boesel Benkert Hohberg Architekten; Tragwerksplaner: MuckIngenieure

Statt Striche zu zeichnen, wird mit Bauteilen gearbeitet, die durch zugeordnete Attribute "intelligent" werden. Eine vordefinierte Planungsbibliothek erleichtert die Modellerstellung erheblich und Strichart und -dicke werden automatisch maßstabsgetreu gewählt. Vordefinierte Planlayouts lassen Schal- und Bewehrungspläne in der gewünschten Optik erscheinen und steigern die Qualität der Ausführungsunterlagen. Gleichzeitig ist damit auch der Bürostandard definiert. Alles wird aus dem 3D-Modell abgeleitet, angefangen von Tabellen und Listen bis hin zu Massenauszügen. Ebenso müssen Anpassungen an einem Bauteil – zum Beispiel eine Wand mit einer bestimmten Stärke – nicht mehr einzeln an allen Stellen nachgetragen werden, an denen das Bauteil verbaut wird. Es reicht die Änderung an einem Beispiel, die dann auf die übrigen Positionen übertragen wird. Das Konstruieren bleibt für das Team gleich. Im Gegenteil: Durch die konsequente Bewehrungsverlegung im 3D-Modell ist die Bewehrung gleichzeitig in Grundriss, Schnitt und Ansicht verlegt. Damit erreicht das Büro eine 30 bis 35 Prozent höhere Produktivität in der Konstruktion.

Auf die Frage, warum Ingenieure auf das Arbeiten in 3D setzen sollten, antwortet Walter Muck: "Die Informationen und Auswertungsmöglichkeiten, die eine 2D-Zeichnung bietet, genügen dem heutigen Planungsalltag, mit wachsenden Anforderungen bei kurzen Bauzeiten, immer weniger. Am 3D-Modell sieht man sofort, wenn zum Beispiel ein Rohr durch ein Fenster verläuft – und nicht erst auf der Baustelle. Zudem ist das Austauschen von Informationen rund um die Uhr und überall auf der Welt heute gängige Praxis. Auf überholte und langsame Prozesse wird keine Rücksicht genommen."

Von 3D zur BIM-Arbeitsweise

Aufgrund dieser stetigen Weiterentwicklung war der Schritt zu BIM für MuckIngenieure einfach. Seit mehr als fünf Jahren arbeiten die Tragwerksplaner nun mit der digitalen Methode. Bei der Konstruktion von Tragwerken setzt das Team auf "Allplan Engineering" – ergänzt um die Planungsbibliothek "Allplan IBD" mit intelligenten Baudaten. Das in Allplan mit allen benötigten Attributen angereicherte 3D-Modell wird über die BIM-Plattform "Allplan Bimplus" allen Planungsbeteiligten zur Verfügung gestellt und erleichtert so die Kommunikation. Das Tragwerksmodell wird mit den Modellen der Architekten und Fachplaner abgeglichen. Fragen werden über das BIM Collaboration Format kommuniziert und dokumentiert.

Statt ganzer Modelle werden hier nur sehr kleine Informationen versandt, die jedoch, zum Beispiel mithilfe von "Allplan Bimplus", direkt zur betreffenden Stelle im 3D-Modell hinführen. Diese Dateien werden dabei gleichzeitig protokolliert und archiviert, wodurch auch die Kommunikation der Planungsbeteiligten automatisch dokumentiert ist. Der Abgleich der verschiedenen Fachmodelle erfolgt im IFC-Format. Die Planung wird online und direkt am BIM-Modell besprochen und bearbeitet. Die Visualisierung von Tragwerksvarianten beim Bauherrn wird zum Kinderspiel. Die BIM-Arbeitsweise bietet in der gesamten Zusammenarbeit mit den Planungspartnern große Vorteile: Durch cloudbasierte Softwarelösungen ist es zudem möglich, dass Mitarbeiter oder auch unterschiedliche Büros von verschiedenen Standorten aus effektiv an einem Projekt arbeiten können.

Bei allen Argumenten für eine Umstellung auf die BIM-Arbeitsweise hebt Walter Muck vor allem eines deutlich hervor: "Die Zukunft ist digital und darauf müssen sich alle einstellen – auch die Baubranche. BIM hilft dabei, einheitliche Bürostandards einzuführen, den Nachwuchs von Bauzeichnern und Bauingenieuren für sich zu gewinnen sowie auch als kleines Büro größere Projekte (mit) zu bearbeiten. Letzteres wird dadurch möglich, dass etwa freie Mitarbeiter dank IFC-Format problemlos in Projekte mit eingebunden werden können. Nicht zuletzt erhöht BIM deutlich die Effizienz der Bearbeitung und reduziert Planungsfehler im Vorfeld."

Aktuelle Bewertung
Ihre Bewertung
Vielen Dank für Ihre Bewertung.

Sie haben eine Frage zu diesem Artikel? Dann stellen Sie der Redaktion hier Ihre Fachfrage!

Mittwoch, 24.04.2024

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Möchten Sie die aktuellen Artikel per E-Mail erhalten?