Bauphysik

Familie Klotzbach baut ein Strohballen-Sonnenhaus

Freitag, 27.11.2020

Kai Klotzbach baut ein Einfamilienhaus aus Stroh, Holz und Lehm. Die Strom- und Wärmeversorgung übernehmen Photovoltaik- und Solarthermie-Anlagen.

Ein Strohballen-Sonnenhaus.
Quelle: Kai Klotzbach
Bei dem Strohballen-Sonnenhaus von Familie Klotzbach erzeugen Photovoltaik-Module auf dem Dach Strom und Solarkollektoren an der Fassade Wärme.

Nach Schätzungen des Fachverbandes Strohballenbau Deutschland (FASBA) gibt es zwischen 900 und 1.500 strohgedämmte Häuser hierzulande. Sonnenhäuser, bei denen mindestens die Hälfte des Wärmebedarfs für die Raumheizung und das warme Wasser solar erzeugt wird, sind häufiger zu finden. Weit über 2.000 gibt es davon im deutschsprachigen Raum. Zwar basiert die klassische Sonnenhaus-Definition noch auf der Wärmeversorgung. Der Trend ist aber, Solartechnik für Wärme und für Strom zu nutzen, so wie es bei Klotzbach im Landkreis Sigmaringen in Baden-Württemberg der Fall ist. So regional und ökologisch wie möglich wollte dieser bauen und kein Öl und Gas für die Wärme- und Stromversorgung verbrennen. Das setzt er nun sehr konsequent in Form des Strohballen-Sonnenhauses um.

Selber anpacken ist sein Credo. Deshalb hat Kai Klotzbach es sich auch nicht nehmen lassen, die Holzständer-Elemente selber mit Strohballen zu befüllen. Sieben Tage lang haben er, seine Familie und Freunde im Mai in der Zimmerei in Vilsingen rund 1.100 Strohballen eigenhändig in die Elemente für die Wände, das Dach und die Bodenplatte gepresst. Anschließend stellen die Zimmerer den Rohbau auf der Baustelle in Engelswies auf.

Eigenversorgung als Ziel

187 Quadratmeter Wohnfläche für sechs Personen hat das Einfamilienhaus mit KfW-Effizienzhaus-Standard 40. Unter der Garage hat Klotzbach einen 48 Quadratmeter großen Keller gebaut. "Da wollen wir unsere Lebensmittel aus dem Gewächshaus lagern." Das haben sie noch vor dem Baustart im November vergangenen Jahres im Garten aufgestellt und ernten dort seither Tomaten, Gurken, Zucchini, Salat und vieles mehr. Sich möglichst selbst zu versorgen, liegt dem Bauherren, der in dieser ländlichen Region aufgewachsen ist, im Blut.

Natürliche Baumaterialien aus der Region

Als Jugendlicher hat Klotzbach in der Schreinerei gegenüber von seinem Grundstück geholfen. Daher seine Liebe zum Holz. Fast 20 Jahre später setzen die Schreiner in seinem Eigenheim die Holzfenster, die Haustür und die Außenjalousien ein. Die Strohballen für die Dämmung stammen vom benachbarten Landwirt. "Wenn wir das Dämmmaterial vor Ort bekommen können, ist das perfekt", so Klotzbach. Das Stroh musste er einmal zertifizieren lassen, dafür hat er im April eine Palette mit sechs Strohballen eingeschickt. Stroh gilt mittlerweile als standardisierter Baustoff.

Ein Strohballen als Wanddämmung.
Quelle: Sonnenhaus-Institut/Ina Röpcke
1.100 Strohballen stecken in den Holzelementen für die Wände, das Dach und die Bodenplatte.

Und so sieht der Wandaufbau aus: Die Außenhaut bildet eine hinterlüftete Fassade aus unbehandelter Douglasie. Dahinter befindet sich nach einer 6 cm starken Weichfaserplatte eine Lage Strohballen mit 36 cm Stärke. Im Gebäudeinneren werden die Strohballen mit 5 cm starkem Lehmputz bedeckt. Auch die Bodenplatte ist mit Stroh befüllt. Damit die Strohballen keinen Kontakt zum Erdreich haben, steht das Haus auf erhöhten Einzelfundamenten.

Dachintegrierte Photovoltaik-Anlage mit Solarstromspeicher

Das Dach wurde mit zwei Lagen Stroh mit insgesamt 72 cm Dicke gedämmt. Von außen ist das nicht zu erkennen. Auf der Nordseite bilden herkömmliche Dachziegel die Dachhaut, auf der Südseite sind es Photovoltaik-Module mit insgesamt 11,2 Kilowattpeak Spitzenleistung. Den Solarstrom will Familie Klotzbach soweit wie möglich für die Haushaltsgeräte und die Haustechnik selber nutzen. Den eigenen Strom können sie inklusive der Kosten für den Speicher für 13 Cent je Kilowattstunde selbst erzeugen. Für Strom vom Energieversorger zahlen sie 28,6 Ct./kWh.

Zudem fallen bei der solaren Stromerzeugung vor Ort keine klimaschädlichen Treibhausgase an. Deshalb lässt Kai Klotzbach noch ein Photovoltaik-Akku-System mit 8,3 kWh Speicherkapazität installieren. Damit kann er Solarstrom, der tagsüber nicht verbraucht werden kann, für den Abend oder die Nacht zwischenspeichern. Bei Netzausfall kann Klotzbach über die Notstromfunktion Strom aus der Batterie und vom Dach nutzen. Der errechnete Autarkiegrad liegt bei knapp 72 Prozent - ein Nutzen für das Klima und den Geldbeutel der jungen Familie.

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